Erbschaftsteuer – ein lästiges Thema!

Allgemein

Hier finden Sie im Artikelformat die Newsletter, die ich in den letzten ca. 10 Jahren an meine Mandanten und an interessierte Kreise per Mail versandt habe. Diese stellen eine allgemeine Information und keine individuelle Beratung dar. Wünschen Sie die Aufnahme in die Liste der Empfänger zukünftiger Newsletter, so teilen Sie mir dies bitte über das Kontaktformular mit. Vielen Dank.

Für viele Deutsche, aber auch für nicht wenige meiner Mandanten steht bei der Frage der Nachlassregelung regelmäßig das Interesse im Vordergrund, dass infolge des Erbfalles möglichst keine Erbschaftsteuern anfallen.

Dieses Grundbedürfnis mag zum einen mit der immer noch im Vergleich zu anderen Ländern deutlich höheren Besteuerung ererbten Vermögens zusammenhängen. Oder auch mit der allgemeinen Aversion der Deutschen gegenüber jeder Art von Besteuerung. Bei vielen Erbfällen stellt sich jedoch die Besteuerung des Erbes überhaupt gar nicht, weil mangels größerer Hinterlassenschaft eine Besteuerung nicht in Frage kommt oder weil – jedenfalls bei den klassisch-bürgerlichen Verhältnissen – die erbenden Angehörigen wie der überlebende Ehegatte bzw. Kinder und Enkelkinder über die persönlichen und sonstigen Freibeträge gut gestellt sind und deshalb eine Besteuerung nicht stattfindet.

In diesen Fällen ist häufig der steuerliche Gestaltungsbedarf gering oder gleich null, was eine kurze Beratung sehr schnell ergeben wird. Die Besteuerungsrisiken setzen allerdings dann ein, wenn mangels nächster Angehöriger, weil es zum Beispiel keine Kinder gibt oder weil der Ehegatte vorverstorben ist, und somit die Freibeträge hinten und vorne nicht ausreichen und die entsprechende Steuerklasse deutlich höhere Steuertarife bereit hält. Dieses Besteuerungsrisiko ist zum Beispiel bei Geschwistern, Neffen / Nichten, Cousins oder Cousinen latent vorhanden, weil diese Angehörigen bzw. Erben lediglich über einen persönlichen Freibetrag in Höhe von € 20.000 verfügen.

Wenn Sie sich also mit der Frage des Besteuerungsrisikos vertieft beschäftigen wollen, so ist als erstes eine grobe Abschätzung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen. Damit geht einher die steuerlich relevante Bewertung des zukünftigen Nachlasses und die zur Verfügung stehenden Freibeträge (vgl. §§ 16, 17 und 13 Abs. 1 Nr. 4a – c ErbStG) und die persönliche Steuerklasse (I, II oder III) aus der sich die prozentuale Besteuerung des relevanten Nachlasses ergibt (§ 19 ErbStG).

Wenn also diese erste Analyse ergibt, dass zum Beispiel wegen der geringen Freibeträge eine Besteuerung unausweichlich eintreten wird, ist in der nächsten Stufe auf den Katalog der Maßnahmen zu schauen, mit deren Hilfe die Besteuerung mit relativ einfachen Mitteln verringert werden kann.

Hier stehen diverse Hebel und Stellschrauben zur Verfügung, die es gilt geschickt zu verstellen. Beginnen wir mit der Bemessungsgrundlage, dem steuerlich relevanten Wert des Nachlasses bzw. dessen Zusammensetzung. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass diejenigen Vermögensgegenstände, die schon zu Lebzeiten aus dem Vermögen des Erblassers im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entfernt werden, später grundsätzlich nicht mehr besteuert werden können:

Regel 1: Was schon zu Lebzeiten weggegeben worden ist, kann im Grundsatz einer späteren Besteuerung im Erbfalle nicht mehr unterworfen werden – es kommt aber auf das „timing“ an.

Sie sind es gewohnt aufzuhorchen, wenn der Jurist „im Grundsatz“ sagt. Die oben beschriebene Regel wird in dem Fall durchbrochen, wenn zwischen dem Vollzug der Schenkung und dem späteren Erbfall weniger als zehn Jahre bestehen. In diesem Falle wird der damals verschenkte Wert dem zu besteuernden Nachlasswert hinzugerechnet („fiktiver Nachlasswert“). Die lediglich steuerlich motivierte Schenkung zu Lebzeiten ist daher immer zugleich eine Wette des Schenkenden, dass ihn der Tod erst mindestens 10 Jahre später ereilen wird … Auf eine langfristige Planung kommt es hier in jedem Falle besonders an.

Das „Schonvermögen“: Der Gesetzgeber hat nach langem Hin und Her entschieden, dass bestimmte Vermögensgegenstände unter gewissen Voraussetzungen im Falle des Erbfalles (oder im Falle der vorweggenommenen Übertragung) erst gar nicht unter die Besteuerung fallen und somit verschont werden:

Regel 2: Bestimmte Vermögensgegenstände wie die selbst genutzte Immobilie oder Betriebsvermögen können im Erbfall unter bestimmten Umständen von der Besteuerung verschont werden.

Die für das Bürgertum häufig einschlägige Regelung in Bezug auf das selbst genutzte Familienheim bietet – insbesondere bei den heutigen Verkehrswerten von Wohnimmobilien – ganz erhebliche Vorteile im Falle des Nachlasses. § 13 Abs. 1 Nr. 4a – c ErbStG begünstigt hier den erbenden Ehegatten oder die erbenden Kinder bei dem Erwerb von Todes wegen einer sogenannten selbst genutzten Wohnimmobilie. Wird diese auch nach dem Erbanfall von den oder dem Erben selbst genutzt, und dies für einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren, so bleibt der Wert dieser Immobilie von der Besteuerung verschont. Die Besteuerung nach dem Erbfall lebt nur dann auf, wenn der erbende Angehörige nicht aus freien Stücken, sondern zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, die Immobilie nicht mehr nutzt und veräußert oder vermietet.

Hier bietet sich Gestaltungsbedarf an: Gibt es zum Beispiel mehrere bewohnte Immobilien, so ist zu überlegen, dass der Lebensmittelpunkt an derjenigen Immobilie gewählt wird, deren Verkehrswert deutlich höher ist als derjenige der anderen Immobilie. Gehört zum Vermögen noch keine selbst genutzte Wohnimmobilie, da man bislang immer das Mieten bevorzugt hat, so kann die Anschaffung einer Wohnimmobilie erwogen werden, deren Verschonung im späteren Erbfall den Erben steuerlich zugute kommt.

Deutlich komplizierter sind die Vorschriften für die steuerliche Verschonung von Betriebsvermögen (§13a ErbStG). Diese recht komplizierte Vorschrift, die hier nicht weiter und im Detail dargestellt werden kann, ermöglicht es jedenfalls bei geschickter und langfristiger Planung, dass ein Betriebsvermögen ohne Anfall jeglicher Besteuerung auf die nächste Generation übertragen wird. Grund für die dann erfolgte Verschonung ist die Fortsetzung und Erhaltung des Betriebes (statt z.B. seiner Veräußerung oder Zerschlagung) für einen Zeitraum von fünf bzw. sieben Jahren nach Übertragung.

Für Erblasser mit nicht unerheblichem Immobilienbesitz ist die Vorschrift des § 13b Abs. 2 Nr. 1d ErbStG ggf. von Interesse: Sofern sich hier eine ausreichend große Zahl von vermieteten Wohnungen im Portefeuille des Erblassers befindet und diese in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft eingebracht werden, kann auch ein solches „Wohnungsunternehmen“ die Verschonung des gesamten Betriebsvermögens beanspruchen. Auf die Details kann hier im Weiteren nicht eingegangen werden.

Die nächste Ebene, die hier Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, ist die „juristische Qualifikation“ der Erben bzw. Empfänger des Vermögens. Das Erbschaftsteuergesetz knüpft die Höhe der Freibeträge und die persönliche Besteuerung bzw. Steuerklasse an das Näheverhältnis des Erblassers bzw. Schenkers an die Erben bzw. Empfänger des Vermögens an:

Regel 3: Je enger das „Näheverhältnis“ des Erben bzw. Empfängers an den Erblasser ist, desto größer ist der Freibetrag bzw. desto geringer ist die persönliche Besteuerung.

Am besten stellt sich der überlebende Ehegatte, der hier einen Freibetrag von € 500.000 und ggf. zusätzlich die Verschonung des ererbten Eigenheims beanspruchen darf. Selbst wenn der persönliche Freibetrag von € 500.000 nicht ausreicht, beginnt die Besteuerung bei den ersten „übersteigenden“ € 75.000 mit einer Besteuerungsquote von lediglich 7%.

Beerbt in einem anderen Beispiel die Schwester den kinderlosen, unverheirateten Bruder, so fällt bei einem angenommenen Vermögen von € 485.000, einem Freibetrag von lediglich € 20.000 und bei einem Steuertarif von 30% Erbschaftsteuer in Höhe von ca. € 113.000 an.

Es leuchtet ein, dass dieses eher unbefriedigende Ergebnis über wenig komplizierte testamentarische Verfügungen deutlich nach unten korrigiert werden kann. Bedenkt in dem oben beschriebenen Fall der Bruder nicht nur die Schwester, sondern auch deren Mann, also den Schwager und auch deren drei Kinder, d.h. seine drei Neffen / Nichten mit dem gleichen Vermögen, so werden fünf Mal Freibeträge zu je € 20.000 ausgeschöpft und durch die Verkleinerung des jeweiligen Erbanteils werden niedrigere Steuertarife erreicht. In der oben beschriebenen Abwandlung wären am Ende statt ca. € 113.000 nur ca. € 50.000 Steuern zu entrichten. Somit gilt als weitere Regel:

Regel 4: Je mehr Erben es gibt bzw. testamentarisch eingesetzt werden können, desto mehr Freibeträge können ausgeschöpft werden und desto niedriger ist der persönliche Steuertarif der eingesetzten Erben.

Es ist ein Irrtum zu meinen, dass schon zu Lebzeiten dieses „Näheverhältnis“ bzw. der Familienstand zu den späteren Erben unverrückbar feststeht. Stichwort: (Wieder)Verheiratung und Adoption:

Regel 5: Das Näheverhältnis zwischen Erblasser und Erben kann unter Umständen zu Lebzeiten gestaltet werden. Verheiratung, Adoption oder gesetzliche Eintragung der Lebenspartnerschaft schaffen Steuervorteile.

Wer auch im Alter der Besteuerung besonders kritisch gegenüber steht, mag bedenken, ob sein Lebensabschnittsgefährte nicht zum Ehemann mutiert, ob der zum Erben auserkorene Neffe nicht adoptiert wird (allerdings sehr hohe rechtliche Anforderungen an diese Erwachsenenadoption) oder ob eine gleichgeschlechtliche, eingetragene Lebenspartnerschaft in Frage kommt. In all diesen Fällen winken erhebliche Privilegierungen nach dem Erbschaftsteuerrecht. Die Kehrseite: Es drohen ggf. Unterhaltsansprüche. Wiederum positiv: Ggf. schlüpft der neue Ehegatte bzw. Lebenspartner durch die Verheiratung bzw. eingetragene Lebenspartnerschaft unter das Dach einer Ruhegeldzusage bzw. Rentenberechtigung des Partners im Falle dessen Ableben.

Für Eheleute bzw. eingetragene Lebenspartner bietet § 5 ErbStG eine äußerst interessante, juristische Spielwiese an. Zum einen regelt § 4 ErbStG die rechtlichen Folgen der Besteuerung der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB). Der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner wird nämlich hinsichtlich desjenigen Teils des geerbten Vermögens von der Versteuerung verschont, der dem Zugewinnausgleich entsprechen würde, den er nach zivilrechtlichen Kriterien im Falle des Todes des Ehegatten ersatzweise als Erbteil geltend machen könnte (§ 1371 BGB). Diese potentielle, steuerliche Privilegierung kann nur der Güterstand der Zugewinngemeinschaft erreichen. Daher ist als nächste Regel aufzustellen:

Regel 6: Unter erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten ist der richtigen Wahl des ehelichen Güterstandes erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

Gleiches gilt auch für die Beendigung des Güterstandes des Zugewinnausgleiches zu Lebzeiten zwischen den Eheleuten. Die Eheleute können also durch den Wechsel des Güterstandes zu Lebzeiten den bisher eingetretenen Zugewinnausgleich vornehmen. Infolgedessen erwirbt einer der beiden Ehegatten von dem anderen zum Ausgleich dieses Zu- gewinnanspruchs einen Teil des Vermögens – und dies steuerfrei. Damit wird er zum Beispiel in d ie Lage versetzt, dieses Vermögen unter Ausnutzung seiner persönlichen Freibeträge von € 400.000 je Kind an diese (teilweise) weiterzureichen. Das Erbschaftsteuergesetz hält zum Ende als Überraschung auch noch folgende Variante bereit. Wer binnen zwei Jahren nach Erbanfall meint, er könne sich des angefallenen Vermögens entledigen, weil er es nicht mehr benötigt, der kann hierbei die angefallene Besteuerung rückwirkend zum Erlöschen bringen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erbe das ererbte Vermögen bzw. einen Teil dessen an einen bestimmten Destinatär, sei es eine öffentlichrechtliche Körperschaft oder sei es eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung bzw.
Einrichtung weiterleitet. Da diese Destinatäre von der Erbschaftsteuer generell befreit sind, wird rückwirkend die Besteuerung aufgehoben. Das mag für die meisten, die in die Steuerfalle tappen, ein schwacher Trost sein. Doch sollte er nicht so ohne Weiteres aus den Augen verloren werden.

Besteht Hoffnung, dass in der Zukunft die erbschaftsteuerlichen Vorschriften einfacher und in der Höhe der Belastung niedriger werden? Darüber hat der Gesetzgeber zu entscheiden. Doch darf man angesichts eher leer Kassen und einer immer weniger wahrscheinlichen Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition an eine Erleichterung glauben?

Für Rückfragen zu diesem Themenkomplex stehe ich gerne zur Verfügung.

Dessen ungeachtet wünsche ich Ihnen einen angenehmen Verlauf des angebrochenen Jahres und verbleibe mit den besten Grüßen

Ihr

Rechtsanwalt Dr. Matthias Baus

Diese Mandanten-Information ist ein reines Informationsschreiben und dient der allgemeinen Unterrichtung meiner Mandanten und interessierter Personen. Es ersetzt nicht eine rechtliche Beratung.