Hier finden Sie im Artikelformat die Newsletter, die ich in den letzten ca. 10 Jahren an meine Mandanten und an interessierte Kreise per Mail versandt habe. Diese stellen eine allgemeine Information und keine individuelle Beratung dar. Wünschen Sie die Aufnahme in die Liste der Empfänger zukünftiger Newsletter, so teilen Sie mir dies bitte über das Kontaktformular mit. Vielen Dank.
1. Problemstellung
Mit dem Erbfall gehen Konten, Sparbücher, Depots etc. („Bankvermögen“) natürlich nicht unter – sie gehen auf den oder die Erben über. Wie so oft: Ausnahmen bestätigen die Regel (s.u. Nr. 4). Auch wenn dieser Übergang rein rechtlich von selbst geschieht, so einfach ist es dann doch nicht. Denn: Steht sofort, insbesondere für die Bank, unverrückbar fest, wer überhaupt Erbe ist und sich als solcher legitimieren kann und an den die Bank mit sog. befreiender Wirkung leisten kann ? Und wenn tatsächlich der Zugriff auf das Bankvermögen für die Erben oder Angehörigen noch vorhanden ist, häufig wird der besondere Liquiditätsbedarf unterschätzt, der gerade in dieser Situation entsteht – von den Nachlassregulierungskosten (z.B. Bestattung) bis zu den Erblasserschulden gegenüber Ärzten, Krankenhäusern, Finanzamt, Vermietern, Handwerkern, Unterhaltsgläubigern oder Vermächtnisempfängern. Wie verhext schießt ein Gläubiger nach dem anderen um die Ecke.
Es besteht also größerer Liquiditätsbedarf und natürlich muss das Vermögen vor dem Zugriff unberechtigter Dritter geschützt werden, die z.B. noch über Kontovollmachten verfügen, eine Girocard mit PIN nutzen oder eine Erbenstellung beanspruchen.
2. Vollmachten – Segen und Fluch zugleich
Der Erblasser, der ehemals Berechtigte, steht für Konto- oder Depottransaktionen nicht mehr zur Verfügung. Mit etwas Weitsicht oder schon längst nicht mehr gewollt und vergessen, hat er bestimmten Personen zu Lebzeiten entsprechende Vollmacht über den Tod eingeräumt, die entweder direkt bei den Banken hinterlegt oder über eine notariell beurkundete oder beglaubigte (Vorsorge-)Vollmacht nachgewiesen ist. Die Bank, die ggf. von dem Tod des Kontoinhabers noch keine Kenntnis hat, muss Weisungen aufgrund solcher Vollmachten Folge leisten. Insofern kann über diese Konstruktion der Bevollmächtigte (und ggf. Erbe) vorläufig handeln, die Situation ist unter Kontrolle – aber nur wenn der Bevollmächtigte in guter Absicht handelt.
Drängt sich jedoch bei der Bank ganz offensichtlicher Missbrauch auf oder wird die Vollmacht widerrufen, entfällt die Handlungslegitimation. Der Widerruf kann von dem Alleinerben oder von jedem einzelnen Miterben gegenüber der Bank in schriftlicher Form erklärt werden – keinesfalls sollte der mutmaßliche Erbe die ihm selbst erteilte Vollmacht widerrufen und der Miterbe sollte zwei Mal überlegen, ob er einem anderen Miterben dessen Vollmacht widerruft, weil dann u.U. keiner mehr für den Nachlass handeln kann, bis die Erbfolge ausreichend nachgewiesen ist (durch Erbschein oder wenigstens Eröffnungsprotokoll eines Testaments – Details z.T. umstritten oder unterschiedlich gehandhabt).
3. Konten – Einzelkonto, Gemeinschaftskonto, „Und-Konto“, „Oder-Konto“
Das Einzelkonto versteht sich von selbst: Ein Konto und ein Inhaber (+ ggf. Bevollmächtigte).
Das Oder-Konto ist der Klassiker unter Eheleuten und der Regelfall: Beide sind Inhaber des Kontos und nach der gesetzlichen Vermutung wird jedem zur Hälfte das Guthaben zugeschrieben, jeder darf gegenüber der Bank einzeln verfügen. Bei Tod oder Abwesenheit des einen Ehegatten ist der andere nicht blockiert, kann also weiter verfügen. Erbrechtlich wird nur die Hälfte von dem verstorbenen Ehegatten erfasst. Wenn der überlebende Ehegatte dann nicht Alleinerbe ist, muss er nach der Erbquote die in den Nachlass gefallene Hälfte mit den anderen Erben teilen. Allerdings geht die BGH-Rechtsprechung davon aus, dass schon mit der Einrichtung des Oder-Kontos die zunächst in den Nachlass fallende Hälfte an den überlebenden Ehegatten für diesen Fall abgetreten wurde, also diesem dann alleine zusteht (im Einzelfall zu überprüfen und zu analysieren).
Problematischer ist das Und-Konto, da hier die Inhaber nur gemeinschaftlich verfügen können, d.h. der überlebende Mitinhaber (z.B. die Witwe) kann kurzfristig überhaupt nicht ohne Zustimmung der anderen Erben verfügen, obwohl ihm ja wirtschaftlich die Hälfte an dem Kontoguthaben zusteht. Kommt es hier zu Schwierigkeiten, kann der hinterbliebene Ehepartner ggf. beim Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragen, gegenüber dem er dann seinen 50%-igen Auseinandersetzungsanspruch geltend machen kann.
In jedem Falle rate ich daher, die Berechtigungs- und Vollmachtsverhältnisse an vorhandenen Konten zu überprüfen. Für Depots gilt im Übrigen das zuvor Gesagte analog.
4. Sparbücher – mit erheblichem Gestaltungspotenzial
Omas Sparbuch ist noch längst nicht tot. Nicht selten befinden sich im Nachlass Sparbücher. Sollten diese auf den Namen des Erblassers angelegt sein, ist die Zuordnung einfach: Sie gehören dem Erblasser und gehen wie die anderen Teile dessen Vermögen in den Nachlass.
Der Erblasser kann jedoch Sparbücher auf den Namen Dritter anlegen (z.B. „Enkelsparbücher“) und zahlt darauf zu Lebzeiten regelmäßig Beträge ein. Allerdings händigt er diese Sparbücher noch nicht den Enkeln oder deren Eltern aus, sondern behält sie für sich. Diese Konstruktion kann dann als sog. „Vertrag zu Gunsten Dritter“ auf den Todesfall ausgestaltet werden. Der/die in dem Sparbuch vermerkten Inhaber erhalten also mit Eintritt des Todesfalls die Berechtigung an dem Sparbuch – diese Rechtsfolge vollzieht sich somit außerhalb der eigentlichen Nachlassabwicklung, ohne Beteiligung und je nach Konstellation sogar ohne Kenntnis der Erben.
Gleiches gilt für die „Sparbriefe“, mit denen der Anleger zu einem bestimmten Fälligkeitszeitpunkt einen Rückzahlungsanspruch (und bis dahin Zinsansprüche) erwirbt. Dieser Sparbrief kann schon zu Lebzeiten an einen Dritten „aufschiebend bedingt“ durch den Tod des Übergebers übertragen werden – der Erwerb vollzieht sich dann auch außerhalb des Erbrechts.
Fallstricke drohen aus folgender Ecke: Der Vertrag zu Gunsten Dritter stellt eine Schenkung dar (Geber = späterer Erblasser an Empfänger). Diese muss von dem Empfänger (= Beschenkter) angenommen werden. Ist dies vor Auszahlung des Geldes nicht geschehen, können die Erben des Schenkers/Zuwenders diesen Vertrag zu Gunsten Dritter widerrufen, der ausgezahlte Betrag ist rückforderbar bzw. die Bank, die noch nicht ausgezahlt hat, sollte entsprechend mit aller Deutlichkeit auf diese Schwäche hingewiesen werden – sie wird 3 vermutlich von der Auszahlung absehen. In jedem Falle sollte in diesen Konstellationen Beratung eingeholt werden.
5. Schließfächer – immer wieder spannend
Häufig besaß der Erblasser ein Schließfach bei der Bank. I.d.R. ist für die Öffnung der Schließfächer die Mitwirkung der Bank erforderlich, die z.B. eines der beiden Schlösser aufschließt oder es ist wenigstens eine „elektronische Schleuse“ (mit PIN) vorgeschaltet. Die Erben interessiert natürlich, was ist drin und auch was war bis kurz vor Eintritt des Erbfalls drin. Für letzteres gibt es häufig Aufzeichnungen bei der Bank. Für das Schließfach besteht neben den Konto- und Depotvereinbarungen ein gesonderter Mietvertrag, der natürlich auf die Erben übergeht. Vollmachten für die Konten berechtigen nicht automatisch zum Zugriff auf das Schließfach. In der Praxis wird die Bank den Zutritt zum Schließfach erst auf Grund einer entsprechenden Legitimation/Nachweis der Erben gestatten, im Zweifel über den Erbschein oder ein gerichtliches Eröffnungsprotokoll des Testaments. Fehlt gerade letzteres und wird es im Schließfach vermutet, dann gibt es 2 Möglichkeiten: Beim Nachlassgericht wird die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt – nur zum Zwecke der Öffnung des Schließfaches oder, wenn die Bank mitspielt, man öffnet den Safe in Anwesenheit eines Notars, der dann lediglich das Testament herausfischt, sollte es tatsächlich in dem Schließfach gelagert sein.
6. Zum Schluss: Auch das Finanzamt ist immer dabei !
Natürlich hegt auch das Finanzamt eine erhebliche Neugierde an dem Bankvermögen, wie auch am sonstigen Vermögen des Erblassers – schon wegen der Erbschaftsteuer, die auf den Nachlass zu zahlen ist, wenn die Freibeträge nicht ausreichen. Das zuständige Finanzamt ist schon deshalb sofort im Bilde, jedenfalls bei den Abwicklungen gem. testamentarischer Erbfolge, weil die Gerichte und Notare dieses umgehend von jeder Testamentseröffnung unterrichten müssen. Doch nicht genug: Als sogenannter Vermögensverwalter i.S.v. § 33 ErbStG unterliegen Banken und Lebensversicherungen einer Anzeigepflicht an das Finanzamt in Bezug auf sämtliche Erwerbsfälle von jeweils mehr als € 5.000, die über einen standardisierten Auskunftsbogen (mit Kopie an die vermutlichen Erben) erfüllt wird.
Ein Kästchen dafür, ob ein Schließfach existierte, ist darin vorgesehen. Das Prinzip der gläsernen Taschen hat nur hinsichtlich des Inhalts des Schließfaches seine Grenzen – diesen kennt die Bank nicht und kann und muss ihn daher nicht anzeigen. Für weitere Fragen zu diesem eher komplizierten Fachgebiet stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Ihr Rechtsanwalt Dr. Matthias Baus
Diese Mandanten-Information ist ein reines Informationsschreiben und dient der allgemeinen Unterrichtung meiner Mandanten und interessierter Personen. Es ersetzt nicht eine rechtliche Beratung.