Neues Erbschaftsteuerrecht (Erbschafsteuerreform 2008/2009 – teilweise überholt)

Allgemein

Hier finden Sie im Artikelformat die Newsletter, die ich in den letzten ca. 10 Jahren an meine Mandanten und an interessierte Kreise per Mail versandt habe. Diese stellen eine allgemeine Information und keine individuelle Beratung dar. Wünschen Sie die Aufnahme in die Liste der Empfänger zukünftiger Newsletter, so teilen Sie mir dies bitte über das Kontaktformular mit. Vielen Dank.

Sie erhalten heute die erste Mandanten-Information für 2009. Deren Schwerpunkte sind:

  1. Neues Erbschaftsteuerrecht – in welchen Fällen besteht besonderer Handlungsbedarf ?
  2. Anlegerschutz – neue, den Anleger begünstigende Rechtsprechung des BGH !

1. Neues Erbschaftsteuerrecht – Handlungsbedarf ?

 

Ich hatte in meiner letzten Mandanten Information Ende 2008 auf die Eckdaten des nun seit 1. Januar 2009 geltenden Erbschaftsteuerrecht schon hingewiesen.

a) Dessen Nachteile liegen auf der Hand: Deutlich höhere, am Verkehrswert (gemeiner Wert) orientierte Bewertungen für Immobilien, höhere Eingangssteuersätze für entferntere Angehörige und Nicht-Verwandte – es beginnt immer mit 30% – und tendenziell höhere und vor allem kompliziertere Bewertungen für unternehmerisches Vermögen. Dafür gibt es seit 2009 für Ehegatten (€ 500.000) und Kinder (€ 400.000) deutlich höhere Freibeträge, aber auch für Enkel- oder Urenkelkinder (€ 200.000 bzw. € 100.000). Besonders interessant und ebenso verzwickt formuliert ist der sog. „Besondere Freibetrag“ nach § 13 Abs. I Nr. 4b ErbStG für das „Familienheim“.

b) Alles in allem ist das neue Gesetz für steueraverse Bürger eine Einladung zum Tüfteln und Rechnen. Nachfolgend gebe ich die aus meiner Sicht wichtigsten Ratschläge:

Es beginnt mit der Besteuerung von Erbfällen in der Vergangenheit – und zwar Todesfälle im Jahre 2007 oder 2008. Hier hat der Gesetzgeber für die steuerpflichtigen Erben nachträglich eine Wahlmöglichkeit eingebaut. Die Erben haben die Wahl, solche Erbfälle der Vergangenheit nach dem neuen Recht veranlagen zu lassen, wenn es sich rechnet. Manko: Die neuen, höheren Freibeträge dürfen hierzu nicht herangezogen werden – wohl aber der „Joker“ des selbstgenutzten Familienheims. Um es abzukürzen: Diese Option wird sich in den meisten Fällen nicht rechnen. Am ehesten jedoch, wenn

  • ein selbstgenutztes Familienheim im Spiel ist, das zusätzlichen Freibetrag eröffnet,
  • denkmalgeschützte Immobilien vererbt wurden, kann nachträglich eine Befreiung von 85 % (statt 60%) des Wertes beantragt werden (§ 13 I Nr. 2a ErbStG),
  • vererbtes Vermögen mit einem Nießbrauch belastet ist,
  • in seltenen Fällen, wenn die leichte Verschiebung der einzelnen Schwellenwerte zu einer geringfügig geringeren Besteuerung führt.

In jedem Falle ist es wichtig, dass diese Optionsmöglichkeit bis zum 30. Juni 2009 beim Finanzamt beantragt wird. Von selbst wird der Staat nicht tätig.

c) Die Anwendung und Steueroptimierung des neuen Erbschaftsteuerrechts für zukünftige Todesfälle wird ohne sorgfältige Planung nicht gelingen. Diese Planung wird in vielen Fällen Langfristigkeit und Gestaltungsphantasie, gelegentlich aber auch persönliche Einschränkungen bedeuten. Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Ehrgeiz sollten sich auf folgende Aspekte richten:

  • Was kann schon zu Lebzeiten übertragen werden, ohne später einmal Not zu befürchten ? Hier hilft u.U. im Verhältnis der Ehegatten zueinander die (schon immer mögliche) steuerfreie Übertragung des Familienheims bzw. eines Teils davon an den Ehegatten mit der längeren Lebenserwartung – neuerdings auch, dann, wenn die Immobilie sich im EU-Ausland befindet. Ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung passen nicht in diese Schublade, es sei denn dass sich der Eigentümer bzw. die Bewohner vor der Übertragung zu dieser intensiveren Form der Bewohnung entschließen und dort ihren Lebensmittelpunkt begründen. Diese Vorgehensweise mag insbesondere dann Sinn machen, wenn die Ferienimmobilie einen deutlich höheren Wert besitzt als die bisher genutzte Immobilie. Spätere Erhaltungs- oder Erweiterungsinvestitionen, die der vermögende Ehegatte als ehemaliger Eigentümer erbringt, werden ebenfalls nicht besteuert.
  • Daneben verbleibt die steuerfreie Schenkung zu Lebzeiten im 10-Jahresturnus innerhalb der Freibeträge, die für Ehegatten und Kinder angehoben worden sind (€ 500.000 bzw. 400.000).
  • Die steuerfreie Vererbung des selbstgenutzten Eigenheims an den Ehegatten oder die Kinder (bis 200 qm) unter der Voraussetzung der fortsetzten Eigennutzung ist von Bedeutung: Selbst die Luxusvilla bleibt von der Besteuerung verschont, wenn der oder die Erben die Nutzung als Familienheim fortsetzen, d.h. dort auch tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt haben bzw. hinverlagern. Gibt es also mehrere Immobilien, die wechselnd bewohnt und genutzt werden, so sollte überlegt werden, welche dieser Immobilien auch steuerlich den Lebensmittelpunkt darstellen soll.
  • Die Krux mit der selbstgenutzten Immobilie ist der Wegfall der steuerlichen Privilegierung, falls die 10-jährige Haltefrist ab Erbfall nicht beachtet wird – es sei denn dass „zwingende“ Gründe eine Aufgabe verlangen. Der Gang ins Seniorenheim mit Pflegestufe 3 wird dieser Anforderung sicher entsprechen. Ob aber der Wohnortwechsel in Folge einer neuen Beschäftigung oder der eher der Bequemlichkeit entspringende Umzug von einem Haus auf dem Lande in eine kleine Stadtwohnung genügen werden, muss die Praxis noch erweisen.
  • Optimierung der Freibeträge: Scheiden nahe Verwandte wie Ehegatte oder Kinder bzw. Enkelkinder aus und sollen entferntere Verwandte wie Nichten oder Neffen oder auch Geschwister erben, gibt es lediglich einen Freibetrag von € 20.000 und der Eingangsteuersatz beträgt schon 30%. Hier sollte der Freibetrag von € 20.000 – sofern sinnvoll – soweit wie möglich gestreut werden, z.B. auch auf die Kinder der Neffen bzw. Nichten (etwa zu Ausbildungszwecken) oder auf dessen/deren Ehegatten bzw. Partner (unter der Bedingung, dass dieser im Erbfall noch Ehegatte bzw. Partner ist).
  • Die größte Schwierigkeit stellt die steueroptimale Vererbung unternehmerisch gebundenen Vermögens dar. Die Anforderungen an eine Verschonung von 85% des Unternehmenswertes bei einer Haltefrist von min. 7 Jahre oder gar an eine komplette Verschonung (Mindesthaltefrist von 10 Jahren) sind hoch und können hier im Detail nicht dargestellt werden.

In jedem Falle gilt: Die erbschaftsteuerliche Planungsaufgabe ist ebenso komplex wie mehrstufig und kann nur bei langfristiger Vorgehensweise mit optimalem Erfolg umgesetzt werden.

Anlegerschutz – „Kick-Back-II-Entscheidung“ des BGH

Wer als Vermögensberater, Finanzdienstleister oder als Bank andere bei dem Erwerb von geschlossenen Beteiligungen (z.B. „Fonds“ in der Rechtsform der GmbH und Co. KG) berät oder an diese vermittelt, befindet sich nicht selten in einem Interessenkonflikt: Denn i.d.R. werden solche „Vermittler“ bzw. „Berater“ im Falle einer erfolgreichen Vermittlung mehrfach belohnt, da das sog. „Agio“ (3-5%) beim Vermittler eh hängen bleibt und dieser häufig noch weitere Provisionen in Form von „Platzierungsgarantien“, einer Beteiligung am Gesamterfolg erhält oder sonstige sog. „Weichkosten“ existieren. Wo bleibt da die Unabhängigkeit des Beraters ?

Genau diesen Interessenkonflikt hat der Bundesgerichtshof in mehreren Fällen gerügt. Der jüngste Fall, die sog. „Kick-back-II-Entscheidung“ des BGH vom 20.01.2009, stellt nun klar, dass in den Fällen, in denen nicht lediglich eine Vermittlung, sondern eine Beratung des beteiligten Finanzdienstleisters statt gefunden hat, dieser den Kunden über die volle Höhe sämtlicher Provisionen und finanzieller Anreize aufklären muss. Unterlässt er diese Aufklärung, so sind die Pflichten aus dem Beratungsverhältnis verletzt. Ausgangsfall war die Beratung (und nicht nur Vermittlung) durch eine Bank bei dem Erwerb einer Beteiligung an einem geschlossenen Medienfonds.

Ggf. kann der Kunde sodann wegen dieses Beratungsfehlers Schadensersatz verlangen. Als Folge davon steht dem Kunden u.U. ein Anspruch auf Rückabwicklung (d.h. Erstattung der geleisteten Einlage) gegenüber der beteiligten Bank bzw. dem Finanzdienstleister zu. Vieles hängt hier vom Einzelfall ab. Mein Tip: Überprüfen Sie daher gerade in Zeiten der Finanzkrise umgehend die damaligen Umstände des Zustandekommens Ihrer Beteiligung an einem „Fonds“, insbesondere, wenn dieser ein Risiko in Ihrem Portfolio darstellen kann. Wurden Sie damals darüber aufgeklärt, welche finanziellen Anreize dem beteiligten Berater bzw. Vermittler zugeflossen sind ? Sodann ist zu überlegen, ob und mit welchen Argumenten erfolgreich das „Faß aufgemacht werden“ kann.

Rechtsanwalt Dr. Matthias Baus

Diese Mandanten-Information ist ein reines Informationsschreiben und dient der allgemeinen Unterrichtung meiner Mandanten und interessierter Personen. Es ersetzt nicht eine rechtliche Beratung.