Finanzkrise und Schenken mit Verstand

Allgemein

Hier finden Sie im Artikelformat die Newsletter, die ich in den letzten ca. 10 Jahren an meine Mandanten und an interessierte Kreise per Mail versandt habe. Diese stellen eine allgemeine Information und keine individuelle Beratung dar. Wünschen Sie die Aufnahme in die Liste der Empfänger zukünftiger Newsletter, so teilen Sie mir dies bitte über das Kontaktformular mit. Vielen Dank.

Sie erhalten heute die zweite Mandanten-Information für 2008. Deren Schwerpunkte sind:

  1. Finanzkrise – Schadensbegrenzung nicht versäumen !
  2. Schenken – aber mit Verstand !
  3. Erbschaftsteuerreform – endlich Rechtssicherheit ?

1. Finanzkrise – Schadensbegrenzung nicht versäumen !

Inzwischen haben wir uns an diesen Zustand fast schon gewöhnt und sind durchaus leidensfähig geworden. Gleichwohl sollten die Verwerfungen nicht einfach so „abgehakt“ werden und nicht schlicht auf eine Erholung der Finanzmärkte gesetzt werden. Denn der Krise kann man unter Umständen auch noch etwas Positives abgewinnen. Verluste bei dem Kauf und bei späterer Veräußerung von Wertpapieren können nämlich unter bestimmten Umständen nach dem jetzt noch geltenden und auch zukünftig geltendem Steuerrecht mit sonst zu versteuernden Veräußerungsgewinnen aus Wertpapieren verrechnet werden. Allerdings werden sich die Details der Verlustverrechnungsmöglichkeiten ab dem 1.1.2009 („Abgeltungsteuer“) im Vergleich zur jetzigen Rechtslage deutlich ändern:

Verluste aus Aktien,- Anleihen – oder Fondsinvestitionen, die vor dem 1.1.2009 eingetreten sind, können überhaupt nur mit Veräußerungsgewinnen verrechnet werden, wenn diese Verluste durch Verkauf bis zum Jahresende 2008 innerhalb der 12-Monats-Periode seit Anschaffung tatsächlich realisiert werden („Altverluste“).

Daher ist nach Beratung mit der Bank gut zu überlegen, ob bisherige Buchverluste aus Käufen, die weniger als 12 Monate zurück liegen, bewusst realisiert werden. Die anschließende Wiederanlage ist zu prüfen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Wiederanlage auf Grund der Marktentwicklung nur zu einem höheren Preis erfolgen kann.

Die Altverluste können auch nach Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 mit dann entstehenden Veräußerungsgewinnen oder Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 EStG) bis zum 31.12. 2013 verrechnet werden. Hier kann der Anleger planen und optimieren.

Hinsichtlich der Behandlung von Neuverlusten gibt es ab 2009 Änderungen. Es gilt nicht mehr die 12-Monats-Frist. Neue Aktienverluste können nur ausschließlich mit neuen Aktiengewinnen verrechnet werden bzw. sind vortragbar. Andere Verluste können mit Dividenden- und Zinseinnahmen oder mit Kapitalgewinnen verrechnet werden bzw. sind
vortragbar. Die Regelungen sind im Detail noch etwas komplizierter und bei Zertifikaten und Finanzinnovationen gibt es Besonderheiten.

– Wer sich eh mit Schenkungsabsichten trägt, sollte überlegen, ob er diese zu Zeiten niedriger Kurse bzw. Bewertungen jetzt bis Ende 2008 umgehend umsetzt. Denn es bestehen 2 Vorteile: die z.Zt. niedrigen Kurse führen zu einer geringeren Bemessungsgrundlage für eine etwaige Schenkungsteuer (bzw. deren Berücksichtigung innerhalb der nächsten 10 Jahre im Erbfalle bzw. bei weiteren Übertragungen). Und: Die Übertragung von Vermögen, das bis heute bzw. bis Ende 2008 angeschafft worden ist, kann in der Weise erfolgen, dass dessen spätere Veräußerung durch den Beschenkten keine Abgeltungsteuer auslöst. Diese Handlungsoption führt zum nächsten Thema der Mandanten-Information:

2. Schenken – aber mit Verstand !

Weihnachten rückt näher and alle denken ans Schenken. Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten eine andere Form des Schenkens – die der vorweggenommenen Erbfolge. Dieser Form von Großzügigkeit gehört auch mein Respekt, allerdings sollte der Schenker nicht zu unbesonnen an sein gutes Werk gehen. Denn: Was verschenkt wurde, ist erst einmal weg ! Meistens sogar unwiederbringlich.

Es gibt viele Motive für das lebzeitige Weggeben von Vermögensgegenständen: Die Ausstattung der Kinder, während sich der Schenker immer noch gut versorgt sieht; der eine oder andere Gegenstand, wie z.B. Immobilien, der im Alter zur Last geworden ist. Und schließlich macht es fast jedem Bürger eine große Freude, Steuern zu sparen – in diesem Fall die später anfallende Erbschaftsteuer. Es gilt in allen Fällen: Erst denken, dann schenken !

Als erste Regel nenne ich: die Bedürfnisse des zu Beschenkenden sollten mit denen des Schenkers (und seines ihn überlebenden Ehegatten) gut abgewogen werden. Das bedeutet, dass der jetzige zukünftige Finanzbedarf des Schenkers gut und mit reichlich Puffer berechnet wird. Diese Rechnung darf nicht Inflation, Pflege,- Not- und sonstige Krisenfälle außer Acht lassen und erst Recht nicht das im Alter eher zunehmende emotionale Bedürfnis nach Versorgung und Sicherheit.

Als zweite Regel halte ich fest: Im Überschwang des Schenkens sollten Verdienste, Verlässlichkeit und die Disziplin des Beschenkten wohl überlegt werden, denn so mancher erweist sich erst hinterher als undankbar, unfähig oder lebensuntüchtig. Da auch lebenskluge Menschen sich in ihrer Prognose täuschen können, rate ich bei größeren Zuwendungen zu diversen flankierenden Maßnahmen, wie z.B.:

  • Vertragliche Rücktrittsrechte (die stärker als Widerrufsvorbehalte oder Auflagen sind) in die Schenkungsvereinbarung einbauen.
  • Z.B. im Falle des Tods des Beschenkten, seiner Insolvenz oder Geschäftsunfähigkeit (z.B. wegen Trunksucht etc.) oder wegen bestimmter Verfehlungen; oder im Falle der Zweckverfehlung; allerdings dürfen solche Rücktrittsrechte nicht überzogen werden, da dann in steuerlicher Sicht der Zuwendung ihre Wirksamkeit versagt wird.
  • In jedem Falle sollte eine eindeutige Dokumentation und Bezeichnung der Zuwendung erfolgen.

Letzteres, das Erfordernis einer klaren Dokumentation empfiehlt sich schon aus mehreren Gründen: häufig erfolgt die Zuwendung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an die Kinder und diese erwarten gerechte Behandlung in Bezug auf alle späteren Zuwendungen, was meistens, jedoch nicht immer, auch im Sinne des Schenkers sein wird.

Genauso wichtig sind die genaue rechtliche Qualifizierung der Zuwendung bzw. eine etwaige Ausgleichungspflicht auf den Erbteil: Nach noch geltender Rechtslage (§ 2050 BGB) kann der Schenker bei der Zuwendung (also nicht erst nach erfolgter Zuwendung) erklären, ob die konkrete Zuwendung später auf den Erbteil angerechnet werden soll oder nicht, d.h. ob der verschenkte Gegenstand wie ein „Extra“ außerhalb des zu vererbenden Vermögens zu sehen ist oder nicht. Erfolgt eine solche ausdrückliche Erklärung nicht, gilt das Gesetz, das leider nicht immer in hinreichend klarer Form Aufklärung in Bezug auf die Anrechnung liefert.

Die Vorschriften sollen zwar nach den neuesten Erbrechtsreformplänen in der Weise reformiert werden, dass auch noch nachträgliche Qualifizierungen durch den Schenker (= späterer Erblasser) möglich sind. In jedem Fall empfehle ich, bei zukünftigen Zuwendungen die gewollte Auswirkung auf den späteren Erbteil immer in schriftlicher Form klar zu stellen. Denn ohne diese Klarstellung können solche Zuwendungen zu Lebzeiten später schnell zum Zankapfel unter den Abkömmlingen werden. In diesem Zusammenhang weise ich auf eine weitere Fußangel hin – die des gesetzlichen Pflichtteils bzw. etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche. Solche Ansprüche drohen nämlich, wenn sich z.B. einer der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge durch lebzeitige Zuwendungen an andere Erben oder Dritte, die die Erbmasse ausgehöhlt haben, benachteiligt sieht.

Eine dritte Regel ist von praktischer Bedeutung: in Verbindung mit einer Schenkung können vielfältige Regelungen vereinbart werden, die die Rechtsposition und die finanzielle Versorgung des Schenkers verbessern bzw. absichern. Der Schenker verschenkt die selbstgenutzte Immobilie und hält sich den Nießbrauch oder das Wohnrecht, d.h. die weitere Nutzung, vor. Letzteres wird wertlos, wenn der Schenker ins Seniorenheim zieht und für den Lebensunterhalt ggf. zusätzliche Mittel benötigt. Für diesen Fall kann zusätzlich eine monatliche, wiederkehrende Rentenlast vereinbart werden. Eine dingliche Absicherung im Grundbuch ist möglich. Oder: der Schenker überträgt eine vermietete Immobilie oder Gesellschaftsanteile an einen seiner Abkömmlinge, behält sich jedoch (teilweise) das Nießbrauchsrecht (= Mieteinnahmen bzw. Dividenden aus den Gesellschaftsanteilen) vor.

Mit dem geschickten Ausschöpfen von vertraglichen Gestaltungsspielräumen können also Übertragungsvorgänge konstruiert werden, die den Schenker verhältnismäßig gut schützen. Zudem kann unter bestimmten Umständen, allerdings seit 1.1.2008 auf die Übertragung von Betriebsvermögen beschränkt, der mit den Versorgungsleistungen Belastete diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben geltend machen.

Mit einer vierten Regel schließe ich ab: In der Zukunft anfallende Erbschaftsteuer zu umgehen oder zu minimieren, sollte nie das vorherrschende Motiv der vorweggenommenen Erbfolge sein. Dies führt uns zum letzten Schwerpunkt dieser Mandanten-Information:

3. Die Erbschaftsteuerreform – mehr Rechtssicherheit ?

Die neue Erbschaftsteuerreform, die zugleich die Schenkungsteuer erfasst, wird ein „LastMinute-Gesetz“. Zu politisch kontrovers sind die Auffassungen innerhalb der Koalition und zu komplex die legislative Umsetzung, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einerseits und den Koalitionskompromiss andererseits abdecken soll. Der Koalitionskompromiss vom 6. November 2008 ist noch nicht verbindlich umgesetzt. Eine ausführliche Darstellung der neuen Regelungen sprengt den Rahmen dieser MandantenInformation. Der voraussichtliche Kerngehalt der Regelungen lässt sich wie folgt zusammen fassen:

  • Höhere Bewertungen für Immobilien (zukünftig reine Verkehrswertbetrachtung), für Betriebsvermögen und für Anteilen an Kapitalgesellschaften
  • Zum Ausgleich: Anhebung der persönlichen Freibeträge (bei Ehegatten von € 307.000 auf € 500.000 bzw. bei Kindern von € 205.000 auf € 400.000)
  • Zusätzlicher persönl. Freibetrag für den überlebenden Ehegatten bzw. die Kinder in Bezug auf die Wohnimmobilie, falls diese nach dem Erbfall von dem / den Erben min. 10 Jahre selbst genutzt wird (200qm-Begrenzung bei den Kindern !)
  • Keine Veränderung des prozentualen Steuertarifs in der Steuerklasse I (= Ehegatten oder (Stief-)Kinder als Erben; oder deren Abkömmlinge oder Eltern)
  • Massive Anhebung der Besteuerung entfernter Verwandten oder nichtverwandter Erben (= Steuerklasse II und III) auf min. 30%
  • Neue und deutlich kompliziertere Verschonungsregelungen bei der Vererbung / Übertragung von Betriebsvermögen – mit längeren Haltefristen und strengeren, betrieblichen Anforderungen

Was die Reform am Ende tatsächlich finanziell bewirken wird, wird vom Einzelfall abhängen, da das Zusammenspiel von persönlichen Freibeträgen, individuellen Steuertarifen (je nach verwandtschaftlichen Beziehungen) und von besonderen Verschonungstatbeständen jedes Mal ein neues Bild ergibt. Dazu finden Sie 2 Beispielsrechnungen in der Anlage. Wegen der Beliebigkeit und Willkür der einzelnen Verschonungstatbestände ist damit zu rechnen, dass das Gesetz, wenn es dann einmal in Kraft getreten ist, wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird.

Das „mittlere Bürgertum“ sollte durch die Reform, solange nicht größere Werte in Form von Immobilien oder von Betriebsvermögen übertragen werden, nicht schlechter gestellt werden. Gleichwohl sollten Sie Ihre individuelle Situation überdenken und eine vorläufige Schätzung des Erbschaftsteuerrisikos vornehmen. Wenn Handlungsbedarf- und Bereitschaft vorhanden sind, muss sofort gehandelt werden !

Beratung ist sodann erforderlich und etwaige vertragliche Gestaltungsspielräume sollten genutzt werden.

Dessen ungeachtet wünsche ich Ihnen eine angenehme und möglichst stressfreie Advents – und Vorweihnachtszeit !

Rechtsanwalt Dr. Matthias Baus

Diese Mandanten-Information ist ein reines Informationsschreiben und dient der allgemeinen Unterrichtung meiner Mandanten und interessierter Personen. Es ersetzt nicht eine rechtliche Beratung.

Anlage zur Mandanteninformation 2/2008

Beispielsfall 1 (vereinfacht): In gesetzl. Güterstand (=Zugewinngemeinschaft) verheiratetes Ehepaar mit 2 Kindern; EFH mit Verkehrswert € 600.000 (jeweils hälftig im Eigentum der Ehegatten); sonstiges Vermögen € 500.000. „Berliner Testament“, d.h. gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten, Kinder nur Schlusserben nach dem Tod des überlebenden Ehegatten. Besteuerung des überlebenden Ehegatten als Alleinerbe:

Die neue Gesetzeslage bedeutet wg. der besonderen Freibeträge für selbstgenutzte Immobilien in diesem Fall eine Besserstellung des überlebenden Ehegatten. Erben die Kinder jeweils hälftig nach dem Tod des 2. Ehegatten das gesamte Vermögen und nutzen sie die Immobilie nicht selber, fällt für jeden Erbschaftsteuer von ca. € 14.000 an. Wären anstelle der Kinder z.B. 2 Nichten eingesetzt, fiele für jede Nichte € 150.000 Erbschaftsteuer an.

Beispielsfall 2 (vereinfacht): „Berliner Testament“; ein Ehegatte ist schon verstorben; der überlebende Ehegatte hat den verstorbenen Ehegatten allein beerbt; Vermögen des überlebenden Ehegatten: EFH € 800.000; Ferienwohnung € 250.000; sonstiges Vermögen € 750.000; ein Kind, das den überlebenden Ehegatten alleine beerbt. Besteuerung des Erbes des Kindes:

In beiden Fällen ist die Erbschaftsteuerlast hoch, insbesondere weil das Kind beim ersten Erbfall nicht berücksichtigt wurde.